
Quelle: Wolfsburger Allgemeine Zeitung, 27.12.2024.
Wolfsburg. Es ist schon zu einer Tradition in Wolfsburg geworden: An Heiligabend verteilte das Ehepaar Schmidt von der St. Christophorus-Gemeinde zusammen mit der Margarete Schnellecke-Stiftung wieder Geschenke an die Bewohner der Obdachlosenunterkunft. Seit mehr als 30 Jahren setzen sich Monika und Wolfgang Schmidt für die Menschen ein, die in den Unterkünften an der Borsigstraße leben. Es ist eine kleine Aufmerksamkeit zu Weihnachten, denn normalerweise sind die Schmidts ohnehin jeden Donnerstag da, um die dort lebenden Menschen mit Lebensmitteln zu unterstützen.
An einem sonnigen, aber kühlen 24. Dezember steht der vollbeladene Anhänger der Schmidts vor der Häuserreihe der Unterkunft im Gewerbegebiet Ost. In der Nachbarschaft befindet sich das Betriebsgelände der WVG und auch der TÜV ist nicht weit entfernt – ein Wohngebiet ist das nicht. Vielmehr leben dort Menschen, die woanders keinen Platz gefunden haben. 55 Geschenketüten stehen Heiligabend auf der Ladefläche des Wagens und warten darauf, verteilt zu werden. Für die Feiertage wurden die Beutel unter anderem mit Spekulatius, Kaffee, Butter, Nudeln, Käse und Brot, einem Wurstpaket, einer Fleischdose, Vitaminsäften und Süßigkeiten bestückt. Vor der Ausgabestelle hat sich eine lange Schlange gebildet. Die Bewohner der Unterkunft stehen geduldig an.
„Es ist immer eine Menge Arbeit, aber wir machen das sehr gerne, denn wir erfahren sehr viel Dankbarkeit für das, was wir tun“, sagte Monika Schmidt in Richtung der Bewohner. Diese Aktion sei nur möglich, weil es immer wieder Spenden von Privatleuten, Institutionen und Stiftungen gebe. Die Margarete Schnellecke-Stiftung hatte für den Kauf der Lebensmitteltüten, wie in den Jahren zuvor, eine 2000 Euro-Spende zur Verfügung gestellt. Dafür gab es von den Menschen in der Schlange Dankesapplaus. „Wir machen das auch, weil wir Christen sind“, betonte Monika Schmidt. Jeder einzelne könne dafür etwas tun, dass „die Welt etwas harmonischer und friedlicher ist!“
„Diese Spende rettet uns dieses Jahr das Fest“, berichtete ein 33-jähriger Bewohner, der anonym bleiben wollte, im Gespräch mit der WAZ. „Es wird alles immer teurer und man immer weniger Geld zur Verfügung. Den Lebensunterhalt nur mit Bürgergeld zu bestreiten, ist fast unmöglich“, ergänzt ein Nachbar (42). In dieser Zeit sei man über jede Hilfe sehr dankbar. Die beiden freuten sich sehr über die Geschenktüten, das war ihren lächelnden Gesichtern anzusehen. „Es gibt ein paar Sachen extra, wie zum Beispiel Arzneimittel, Bettwäsche oder Zahnbürsten, alles was man so braucht“, erzählt der 33-Jährige.
In diesem Jahr hat die Werker-Stiftung zusätzlich 1000 Euro gespendet. Mit diesem Geld wurden Einkaufsgutscheine für Lebensmittelmärkte angeschafft. Die Bewohner erhalten so die Möglichkeit, sich dort selbst etwas auszusuchen. Für welche Artikel die beiden Bewohner besagten Einkaufsgutschein einlösen werden, wussten sie an Heiligabend noch nicht. „Das macht man davon abhängig, was in ein paar Tagen dann im Haushalt fehlt“, erklärt der 42-Jährige, der wie sein Nachbar seit rund zwei Jahren in der Unterkunft an der Borsigstraße lebt. „Wir sind sehr dankbar für diese Unterstützung. Es wäre ohne solche Aktionen sehr schwer für uns, über die Runden zu kommen“, betont der 33-Jährige und fügt kritisch hinzu: „Vielen Menschen in diesem Land geht es aufgrund der aktuellen Politik nicht besonders gut.“
Beim Verteilen der Geschenke fassten dann alle tatkräftig mit an, auch die Spender. Carolin Külps, Vorsitzende der Margarete Schnellecke-Stiftung, hatte ihre Söhne Johannes und Ferdinand mitgebracht. Auch die stellvertretende Vorsitzende Nicole Kannewurf half mit ihren Kindern Sophia und Luis mit. „Das Helfen ist eine tolle Erfahrung. Aber die Verhältnisse hier sind zum Teil erschreckend“, sagte Luis Kannewurf, der seit drei Jahren bei der Ausgabe dabei ist. Er half unter anderem Bewohnern, die nicht mehr gut zu Fuß waren, die Tragetaschen in die Wohnung zu bringen. „Wolfsburg ist zwar ein reiche Stadt, aber es gibt hier auch Menschen, die nur einen Schritt von der Straße entfernt leben“, sagte Nicole Kannewurf. Dieser Umstand sei vielen Wolfsburgern gar nicht bewusst. „Weihnachten ist eine gute Möglichkeit, das in Erinnerung zu rufen.“
Die Bewohner an der Borsigstraße werden von Wolfgang und Monika Schmidt das ganze Jahr über unterstützt. Es geht dabei nicht immer nur um Lebensmittel. Zweckgebundene Spenden der Margarete Schnellecke-Stiftung ermöglichten es beispielsweise, den Bedürftigen Schuh-Gutscheine zur Verfügung zu stellen. Wenn das Geld für die Grundversorgung kaum reicht – dann tragen einige der Bewohner auch im Winter in Sandalen“, wissen die Helfenden. Wer die Arbeit der Schmidts unterstützen möchte, kann sich an die Christophorus-Gemeinde wenden.